AUF DEM WEG ZU PERMAKULTURELLEN INSTITUTIONEN:
ÜBUNGEN ZUM KOLLEKTIVEN DENKEN
Stiftung Künstlerdorf Schöppingen
11—18 Juli 2022
Schaut Euch auf unserem YouTube-Kanal die Dokumentation des Seminars mit den Lesungen und Beiträgen an.
Ein Sommerseminar kuratiert von Aneta Rostkowska, Nada Rosa Schroer und Julia Haarmann
In den letzten Jahren gab es eine Vielzahl von Ausstellungen über Pflanzen und Ökologie, begleitet von einer Faszination für indigenes Denken und verschiedene Formen kollektiver Arbeit in Kunstinstitutionen. Gleichzeitig wächst die Desillusionierung gegenüber der Kunstwelt selbst: Etwa in ihrer Unsolidarität, ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, kurzfristigen Finanzierungen gepaart mit schrumpfender struktureller Förderung, einem oberflächlichen Verständnis von Diversität, starken hierarchischen Strukturen an Kunstinstitutionen, zwanghaftes Self-Branding oder der Kult um Mobilität und Flexibilität. Das Kunstsystem imitiert perfekt die neoliberale Ökonomie unser Lebensrealität. Unsere Enttäuschung schlägt sich jedoch oft nicht in konkrete Handlungen nieder – „neoliberaler Kunstrealismus“ (ein Begriff, der von Mark Fishers „kapitalistischem Realismus“ inspiriert ist) durchdringt alles als Auffassung, dass der status quo der Kunstwelt die einzige Möglichkeit ist und eine Alternative dazu ist nicht vorstellbar.
Andererseits macht der sich verschärfende Klimawandel deutlich, dass Wirtschaft und Gesellschaft nicht so weitermachen können wie bisher. Die ökologische Katastrophe, vor der wir jetzt stehen, löst einen starken Impuls zu Veränderungen aus. Als Reaktion darauf widmet sich dieses Seminar ökologischem Denken, um anders über die Funktionsweise der Kunstwelt und insbesondere in verschiedenen Arten von Kunstinstitutionen nachzudenken. Wir bringen die Lehren von Pflanzen und Permakultur, die hauptsächlich als Ausstellungsinhalte fungierten, in die Strukturen unserer Arbeit und unsere kuratorischen Praktiken ein. Wie kann die Ethik der Permakultur (Earthcare, Peoplecare und Fairshare) eine nachhaltige Transformation von Kunstinstitutionen jenseits der oberflächlichen Anwendung ökologischer Richtlinien anregen? Kann der regenerative Aspekt des permakulturellen Denkens in eine regenerative Philosophie einer Kunstinstitution übertragen werden? Könnte dieses Denken in nachhaltige gemeinschaftsbasierte Praktiken überführt werden, die sich auf emanzipatorische Formen der Zusammenarbeit und die kollektive Sorge um ökologische und soziale Gemeingüter konzentrieren?
Was können wir von indigenen Praktiken und der Funktionsweise von Kunst in indigenen Kontexten lernen, ohne sie zu vereinnahmen oder zu romantisieren? Die Moderne konstruierte eine abstrakte Trennung von "Natur" und "Kultur" und brachte Kolonisierungsprozesse mit sich, die von rassistischen Ideologien und den Bedürfnissen des Kapitalismus genährt wurden. Jetzt müssen wir fragen: Wie können wir gemeinsam den nächsten Schritt tun? Können wir die Moderne und ihre immer wieder auftauchenden "Gespenster" negieren und in einer synthetischen, allumfassenden Bewegung mit neuen, nachhaltigen Konzepten und Praktiken auf die nächste Stufe gelangen? Ziel des Treffens ist es, ein Netzwerk (ein Mycellium) - von Permakulturschaffenden und Kunstinstitutionen zu schaffen, die daran interessiert sind, die ökologische Reflexion im Kunstsektor auf eine andere, tiefere Ebene zu heben, die zu neuen Modellen der Institutionalisierung führt.
Teilnehmende: Art Residency Research Collective (Pau Catà/ Morag Iles/ Miriam La Rosa/ Patricia Healy McMeans/ Angela Serino), Giulia Bellinetti, Felipe Castelblanco, Viviana Checchia, Culture for Climate (Ewa Chomicka/ Anna Czaban), Madeleine Collie, Clelia Coussonnet , Alfred Decker, T. J. Demos, Marianna Dobkowska, Maja Fowkes & Reuben Fowkes, Yoeri Guépin, Judit Hoffkamp, Michael Marder, Riya Matthew, Lola Malavasi Lachner, Anna Melnykova, Paloma Nana, Sunná Nousuniemi, Åsa Sonjasdotter, Sour Grass (Annalee Davis/ Holly Bynoe), Ela Spalding, Stéphane Verlet Bottéro. Community cooking von Paula Erstmann.