TARANTISM REVISITED. ECSTATIC AND MIMETIC PRACTICES IN ART AND ANTHROPLOGY
Joachim Koester und Michaela Schäuble
29 Oktober 2015

 

Gespräch und Screening im Rahmen der Ausstellung "I See, So I See So. Messages from Harry Smith"

Von Medizinern im Mittelalter auch als "Tanzwut" oder "Choreomania" bezeichnet, ist der süditalienische "Tarantismus" ein ekstatischer Tanz und ursprünglich Teil eines ritualisierten Exorzismus. Der italienische Religionsethnologe Ernesto De Martino (1908-1965) hat das Phänomen in den 1950er und 60er Jahren in Italien untersucht; in diesem Kontext sind eine Reihe einzigartiger Bild- und Tondokumente entstanden (u.a. die Fotoserie von Franco Pinna, die in der Ausstellung gezeigt wird), die teils mit authentischen und teils mit rekonstruiertem Material arbeiten. Mit Verweis auf die historischen Dokumente inszeniert Joachim Koester in "Tarantism" den Tanz - ganz ohne Musik - als eine mimetische Form der Selbstdarstellung und -ermächtigung. Gemeinsam mit der Medienanthropologin Michaela Schäuble diskutiert er die inszenatorischen Aspekte, die Körpertechniken und das "Spektakel der Krise" des Tarantismus und dessen Aktualität an der Schnittstelle von Kunst und Sozialanthropologie.

Joachim Koester lebt als Künstler in Kopenhagen und New York und war auf zahlreichen internationalen Ausstellungen und Biennalen vertreten. In seiner Arbeit setzt er sich mit dem Obskuren, Irrationalen und dem Unbewussten oder Verdrängten der Moderne auseinander. Michaela Schäuble ist Assistenzprofessorin für Sozialanthropologie mit dem Schwerpunkt Medienanthropologie an der Universität Bern.


Bilder

Athanasius Kircher: Magnes, sive de arte magnetica opus tripartitum, Coloniae Agrippinae, 1643
Antidotum Tarantulae (Ausschnitt)