GERALD DOMENIG
Melodrom
Do 11 Oktober, 19 Uhr
Eine Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung "Straub/Huillet/Cézanne. Seelen malt man nicht"
Aus einem Apfel ein Bild zu machen, ist gleichzeitig leicht und schwer. Dafür, daß es leicht ist, spricht seine runde Form. Ein Bild ist ja um so mehr ein Bild, je mehr man gefangen ist, im Kreis gehen muß, sich in der Betrachtung wiederholt, ohne sich zu wiederholen. Der Apfel ist als Apfel schon ein Bild, ja erstaunlicherweise ist er als Apfel oft mehr Bild denn als Bildapfel. Wenn ich einen Apfel betrachte, begutachte ich ihn. Seine Umgebung ignoriere ich weitgehend. Ich habe gelernt, einen Apfel in die Hand zu nehmen, auf Faulstellen, Wurmigkeit, Frische und Schönheitsmale zu überprüfen, liegen zu lassen, wo er sich gerade befindet oder dorthin zu bringen, wo er besser und schöner ist. Nehmen wir an, ich halte einen Apfel in der Hand und begutachte ihn. Ich begutachte ihn auf jeden Fall, ob ich ihn nun essen oder fotografieren will. Ich mache mir ein Bild von ihm, das fast gänzlich das Bild seiner äußeren Erscheinung ist. Meine Hand sehe ich gar nicht, ich sehe nur die von der Umgebung abstrahierte kugelähnliche Gestalt. Im Bild, im konkreten Bild wird die Umgebung, die fotografische Behandlung der Umgebung um so wichtiger. Wo bricht die Schärfe ab oder wo liegt sie überhaupt, betont das Licht den Körper oder arbeitet es ihm entgegen, ist der rote Hintergrund in der Lage, sich in den Vordergrund zu drängen? (G.D., Nivea und Nivea, 2008)
Gerald Domenig, geboren 1953 in Villach/Österreich, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und der Städelschule in Frankfurt, wo er die Fotografie in den 1970er Jahren als Unterrichtsfach hoffähig machte. 1984 war er in der Gruppenausstellung „Von hier aus“ in Düsseldorf vertreten, 1988 stellte er im Frankfurter Portikus aus, 2008 im Museum Ludwig in Köln und 2016 in der Sezession in Wien – eine Auswahl von herausragenden Einzelpräsentationen. Parallel erschienen zahlreiche Foto-Text Bücher.
Bilder
1 — Gerald Domenig: Ohne Titel, 2002