RICHARD LEACOCK
Valérie Lalonde und Bianca Visser
21 März 2013

 

Gespräch im Rahmen der Ausstellung "Roll Over. Reflections on Documentary, After Richard Leacock"

Valérie Lalonde traf Richard Leacock in Paris, nachdem er seine Tätigkeit als Leiter des Film Department am M.I.T. beendete. Zusammen filmten sie "Les Œufs à la Coque" (1991), einen mitreißenden Travelogue, der die kleinen Dinge des Lebens preist. Sie arbeiteten weiter filmisch zusammen und bildeten im Beruflichen wie Privaten ein versiertes Team. Leacock ist als einer der Gründerväter des "Direct Cinema" bekannt, ein Genre des Dokumentarfilms, das eine neue Art des Filmens propagierte. 1960 legten er und seine Kollegen Stative, Tonangeln, Licht und andere Ausrüstung beiseite, um sich ihren Weg in die reale Welt zu bahnen. Mit einer relativ kleinen Handkamera und synchronisierter Tonaufzeichnung wurde es möglich, Lebensbereiche zu filmen, die niemals zuvor in dieser Form wiedergegeben werden konnten. So erhalten wir heute - und exemplarisch in dieser Ausstellung - einen tieferen Einblick in das Leben der jungen Kennedys (Hickory Hill, 1968) und einer evangelikalen Familie in Indiana (Community of Praise, 1981). Bevor Richard Leacock nach Paris zog, arbeitete er hauptsächlich mit Zelluloid. In seiner Zeit als Professor entwickelte er eine Super8 Kamera mit synchronisierter Bild- und Tonspur, die für ein breites Publikum erschwinglich und praktikabel sein sollte. Sein Plan wurde durch das Aufkommen der Videotechnik durchkreuzt, welche das Medium Film obsolet machte. In "Les Œufs à la Coque" markieren Leacock und Lalonde das Ende von Film und preisen die Hegemonie des Videos. Während ihres Gesprächs in der Temporary Gallery werden Valérie Lalonde und Bianca Visser rückblickend den Einfluss diskutieren,den die Innovation auf Leacocks Karriere ausübte - zu einer Zeit, in der sich Zelluloid definitiv am Rande des Verschwindens befindet.

Valérie Lalonde war Arbeits- und Lebensgefährtin von Richard Leacock und lebt in Paris. Bianca Visser ist Gastkuratorin der Ausstellung und lebt in Utrecht.


Bilder

Richard Leacock
Foto: Anne Wiazemsky