Die Temporary Gallery. Zentrum für zeitgenössische Kunst ist nicht nur eine Institution, sondern auch ein Netzwerk. In dieser Reihe wollen wir euch die Menschen vorstellen, die an unserer Arbeit beteiligt sind und die Realisierung unserer Projekte erst möglich machen. Heute stellen wir euch Christina Hanich vor, Produktionsleiterin und Koordinatorin des Residenzprogramms der Temporary Gallery.
Interview: Lisa Klosterkötter
Januar 2025
Wo befindest du dich gerade beim Beantworten dieser Fragen?
Ich sitze gerade auf meinem Sofa, höre entspannte Salsa-Musik im Hintergrund, und nehme mir die Zeit, die Fragen zu beantworten. Es fühlt sich gut an, diesen Moment der Ruhe zu nutzen, um meine Erfahrungen zu reflektieren.
Wie würdest du deinen Beruf beschreiben?
Nach 12 Jahren als Ingenieurin bei Ford habe ich den Schritt gewagt, mich selbstständig zu machen, um meiner Leidenschaft für Kunst und Kultur zu folgen. Heute arbeite ich projektbasiert an verschiedenen Projekten – darunter auch für die Temporary Gallery, wo ich als Produktionsleiterin und Koordinatorin des Residenzprogramms tätig bin. Mein Beruf ist eine Kombination aus Organisation, Zusammenarbeit, künstlerischer Arbeit und der Möglichkeit, Kunstprojekte zu realisieren.
Was ist deine Rolle in der Temporary Gallery?
Meine Rolle in der Temporary Gallery ist sehr vielseitig und umfasst verschiedene Aufgaben, die ich projektbezogen und selbstständig übernehme. Zunächst habe ich im Auftrag die Mobile Küche für die Ausstellung Cooking as Performance zusammen mit RA Bureau designt und gebaut. Im September 2023 bin ich als Produktionsleitung für die Ausstellung Ines Doujak: Every courageous life is a song to the future direkt in der Temporary Gallery eingestiegen, wo ich vor allem eine performative Parade im öffentlichen Raum organisiert habe. 2024 habe ich dann die Produktionsleitung für die Ausstellung Alberta Whittle: Moving Beyond The Time Of Salt übernommen, die von dem Duo Sour Grass kuratiert wurde. Parallel koordinierte ich das Residenzprogramm für 2024 und begleitete die Kurator*innen vor Ort.
Welcher war einer deiner Lieblingsmomente im Rahmen des Programms der Temporary Gallery, der dir in Erinnerung geblieben ist?
Ein besonders prägender Moment für mich war der Besuch von Jakeline Romero Epiayú in der Temporary Gallery. Es war für mich eine große Ehre, eine so bedeutende Führungspersönlichkeit der indigenen Community der Mujeres Wayuu aus Kolumbien in Köln begleiten zu dürfen. Ihre Vorträge zu hören und gemeinsam mit Camilo Pachón und Nada Schroer Besichtigungen wie den Tagebau Hambach zu unternehmen, war eine tief berührende Erfahrung. Jakelines Arbeit ist von enormer Bedeutung und zeugt von unglaublichem Mut. Umso erschütternder war es für mich, von ihrem Tod zu erfahren – dieser Moment bleibt mir noch lange in Erinnerung, nicht nur wegen der persönlichen Begegnung, sondern auch wegen des bleibenden Eindrucks, den sie hinterlassen hat.
Wie sieht dein nächstes Projekt für die Temporary Gallery aus?
Mein nächstes Projekt für die Temporary Gallery ist noch offen und wird sich hoffentlich in den kommenden Monaten weiter konkretisieren, derzeit warten wir noch auf Antworten unserer Fördergeber*innen. Ich würde mich sehr freuen, weiterhin am Residenzprogramm mitzuarbeiten oder eine der kommenden Ausstellungen mitorganisieren zu können, je nachdem, welche Möglichkeiten sich bieten.
Was sind Fragen, die dich generell gerade umtreiben?
Momentan beschäftige ich mich mit der Frage, wie Kunst und Kunstinstitutionen in Zeiten von Haushaltskürzungen und finanziellen Einschränkungen weiterhin existieren und zukunftsfähig arbeiten können. Es ist eine komplizierte Situation, in der wir uns fragen müssen, wie man Kunst und Kultur nicht nur als bedeutenden Teil der Gesellschaft erhalten kann, sondern auch als Berufsfeld, von dem man leben kann. Wie können wir als Kunstschaffende und Kulturinstitutionen einen Raum finden, in dem Kunst ihre gesellschaftliche Relevanz bewahren und gleichzeitig für alle Beteiligten nachhaltig sein kann? Und wie kann Kunst dabei einen Beitrag zu den großen gesellschaftlichen Fragen leisten, die uns momentan umtreiben, wie etwa soziale Gerechtigkeit, Umweltbewusstsein und die Zukunft der Gesellschaft insgesamt?
Was hast du heute noch vor, worauf freust du dich besonders?
Da es bereits Abend ist, freue ich mich darauf, den Tag Revue passieren zu lassen und etwas Zeit für persönliche Reflexion zu nehmen. Ich nutze diese ruhigen Stunden, um über die Projekte nachzudenken, die mich momentan beschäftigen, und um zu spüren, welche Gedanken und Ideen heute besonders präsent waren. Den Abend lasse ich dann mit der Serie 100 Jahre Einsamkeit ausklingen – eine schöne Möglichkeit, den Tag mit einer Mischung aus Ruhe und Inspiration zu beenden.
Foto:
Christina Hanich