CCA Temporary Gallery ist nicht nur eine Institution, sondern ein Netzwerk. In dieser Reihe wollen wir euch die Menschen vorstellen, die an unserer Arbeit beteiligt sind und die Realisierung unserer Projekte erst möglich machen.

Nachdem ihr in der vorherigen und ersten Ausgabe Paulina Seyfried kennengelernt habt, stellen wir euch heute Paloma Nana vor, Koordinatorin für Bereiche der sozialen Verantwortung. Was das bedeutet und welchen Berufswunsch Paloma als Kind hatte, erfahrt ihr im Interview. Please meet: Paloma Nana!

Interview und Redaktion: Nelly Gawellek

Wie geht's dir heute? Wie hat dein Tag begonnen, was hattest du zum Frühstück?

Paloma Nana: Mir geht es soweit gut, danke! Ich bin etwas erleichtert, dass es draußen noch relativ mild ist. Gefrühstückt habe ich ein Müsli mit etwas zu viel Zimt, aber eigentlich mag ich es morgens etwas herzhafter.

Was ist dein Beruf?

PN: Es fällt mir gar nicht so leicht, das zu beschreiben, denn ich bin gerade dabei, es noch besser für mich herauszufinden. Das funktioniert sehr gut über das ins-Handeln-Kommen, das Improvisieren und Ausprobieren. Ich denke ich bin in gewisser Weise "kulturelle Raumgestalterin“. Ich versuche, unterschiedliche Menschen, Themen, Fragen und Objekte zusammenzubringen und Begegnungs-, Gesprächs- und Aktionsräume zu schaffen, die vielleicht sonst in dieser Form nicht entstehen würden. Ich stelle mir dabei die Frage, wie wir warme, lebendige Räume innerhalb kultureller Institutionen schaffen können, die nicht wie so oft von einer akademischen Schwere und Exklusivität durchzogen sind.

Wie hast du die Temporary Gallery kennengelernt?

PN: Ich habe die Temporary Gallery 2018/19 über die Akademie der Künste der Welt kennengelernt. Damals war ich dort Werkstudentin in der Produktion und bin durch den Wechsel der Leitung auf sie aufmerksam geworden. Ich habe regelmäßig die Ausstellungen besucht, vor knapp drei Jahren dann einen Lesekreis zu afrofuturistischer Quantenphysik mitorganisiert, und so führte irgendwann eines zum anderen.

Wie ist deine Rolle in der Temporary Gallery? Was sind deine Aufgaben, was ist dein persönliches Ziel?

PN: Als "Social Responsibility Coordinator" – der Titel ist etwas überladen – erarbeite ich gemeinsam mit meiner Kollegin Paulina Seyfried Methoden und praktische Handlungsvorschläge, wie wir die Temporary Gallery als Kultureinrichtung nachhaltig öffnen können. Dabei geht es uns vor allem um Zugänglichkeit – im räumlichen und sprachlichen (Stichwort: Barrierefreiheit), sowie auch strukturellen Sinne – und damit einhergehend um eine Sensibilität für verschiedene soziopolitische Realitäten. Mein Schwerpunkt liegt u.a. darin, neue Netzwerke für Jugendliche und junge Erwachsene inner- und außerhalb der Temporary Gallery zu schaffen, und das in enger Kollaboration mit Kölner Jugend- und bildungspolitischen Einrichtungen, aber auch in Zusammenarbeit mit lokalen Schulen. Ich finde es wichtig, dass junge Menschen ganz unabhängig von ihrer sozioökonomischen Positionierung die Möglichkeit haben, Kulturarbeit mit all den verschiedenen Tätigkeiten, die sie hervorbringt, als potentielle Berufsperspektive kennenzulernen. Neben dem Jugendbildungsprogramm, das meine Kollegin Ana Manhey und ich gemeinsam entwickeln, koordiniere ich derzeit auch das Residenzprogramm für Kurator*innen und Künstler*innen der Temporary Gallery und freue mich sehr darüber, die interdisziplinäre Kuratorin und Schriftstellerin Luiza Proença diesen Herbst hier zu Gast zu haben.

Wie ist es für dich, für die Temporary Gallery zu arbeiten? Was magst du an dem Job?

PN: Mir gefällt die Abwechslung, die Flexibilität und das unkonventionell-Experimentelle an der kuratorischen Ausrichtung der Temporary Gallery. Das Miteinander ist familiär, wertschätzend und auf Augenhöhe. Aneta ist offen für neue Impulse, Perspektiven und Projekte. Das lässt viel Handlungsspielraum und so macht die kollaborative Projektarbeit auch wirklich Sinn.

Die anfängliche Frage nach dem Frühstück zielte natürlich auf deine Beteiligung an der letzten Ausstellung in der Temporary Gallery (Cooking as Performance, 2023). Erzähl uns doch ein bisschen über dein Projekt "Kalk schmeckt!" Wie kam es zu der Idee? Wie ist es gelaufen?

PN: "Kalk schmeckt!" war von Beginn an kollaborativ angelegt und ist in enger Zusammenarbeit mit Elizaveta Khan, Leiterin vom In-Haus e.V. in Köln Kalk, sowie ihrem wunderbaren Team entstanden – ein großer Dank an Sharon, Amir, Fadi und Salman! Unser Ziel war es, den Wasserturm hinter den Köln Arkaden erstmals als informellen Begegnungsort für Jugendliche, Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen zu aktivieren, um erste Kontaktpunkte herzustellen und Interessen und Bedarfe zu identifizieren. Das Thema Essen ruft bei den meisten Menschen starke Gefühle oder Erinnerungen hervor. Wir haben die Jugendlichen also dazu eingeladen, Kalk nach ihren kulinarischen Lieblingsorten zu kartografieren und uns über die Bedeutung von Essen ausgetauscht, während wir dabei Snacks geteilt oder unter Anleitung des Künstlers und Kochs Gaku Yamane und seiner Frau Azusa gelernt haben, Sushi selbst zuzubereiten. Während unserer Treffen stellte sich nämlich heraus, dass Sushi von REWE mit die beliebteste Speise der Jugendlichen ist. Im Laufe des Projekts sind auch vertonte Steckbriefe von verschiedenen in Kalk ansässigen Gastronom*innen entstanden, die sich über QR-Codes auf Postkarten aufrufen lassen. "Kalk schmeckt!" war Teil des übergeordneten Jugendbildungsprogrammes der Temporary Gallery, das wir diesen Monat in Form einer längerfristigen Kollaboration mit der Katharina-Henoth-Gesamtschule in Köln Vingst fortführen. Die Idee ist, als gemeinnütziger Kunstverein den Kunstunterricht an Schulen mitzugestalten und diese Teilhabe, oder auch Möglichkeit der Intervention, zum Anlass zu nehmen, Künstler*innenpositionen und gesellschaftliche Diskurse einzuführen, die für gewöhnlich nicht im klassischen Lehrbuch enthalten sind. Wir glauben, dass die Schüler*innen durch den direkten Kontakt mit Kunstschaffenden und anderen Akteur*innen der Kunst- und Kulturbranche ein anderes Erleben von Kunst erfahren, sich in ihrer eigenen künstlerischen Praxis ernst genommen fühlen und sich ihrer Selbstwirksamkeit bewusstwerden können.

Welchen Berufswunsch hattest du selbst als Kind?

PN: Als Kind wollte ich eigentlich immer Forensikerin und Sängerin werden, eine etwas merkwürdige Kombination, ich weiß. Die Musik ist für mich nach wie vor ein schöner Ausgleich zum Job. In meinem nächsten Leben würde ich der Forensik vielleicht noch eine Chance geben.

Was wünscht du dir für den Rest des Jahres?

PN: Ich weiß, dass Wünsche sehr wichtig und wegweisend sein können, aber im Moment versuche ich, weniger konkrete Erwartungen an die Zukunft zu haben. Gerade in kollaborativen Prozessen braucht es meiner Meinung nach auch die starke Bereitschaft, von einer dogmatischen Linearität abzulassen bzw. Kompromisse auszuhandeln, die sich für alle Beteiligten stimmig anfühlen.

Gibt es noch etwas, das die Leser*innen dieses Interviews über dich wissen sollten oder etwas, das du gern teilen möchtest?

PN: Nein, dafür gibt es die analoge Welt. ☺