Son’ka (boni fures)

 

Sofia Ivanovna Blyuvshtein (1859–1902), besser bekannt als Son’ka, die goldene Hand, war eine Trickbetrügerin, die im russischen Zarenreich lebte. Ihre genaue Herkunft hielt sie geheim, aber wahrscheinlich wurde sie als Sheindlia-Sura Leibovna Solomoniak in ärmlichen Verhältnissen in Warschau geboren. In den kriminellen und bohèmehaften Kreisen von St. Petersburg wurde sie als die „Goldene Hand“ berühmt, weil sie mit Stil die Reichen ausraubte. Die meiste Zeit war Son’ka als Mitglied der Hocharistokratie verkleidet. Sie hatte spezielle prothetische Fingernägel, unter denen sie Juwelen verstecken konnte, und ihr Affe war darauf trainiert, Diamanten zu verschlucken. Ihre berühmtesten Betrügereien galten ebenfalls hochrangigen Juwelieren.

1883 gab sie sich bei dem Juwelier Karl von Mel als Ehefrau eines wohlhabenden Psychiaters aus und wählte teuren Schmuck aus. Diesen ließ sie sich von Karl von Mel persönlich an die Adresse des Psychiaters überbringen. Son‘ka übernahm die Lieferung im Garten und bat den Juwelier, zu ihren Mann ins Haus zu gehen, damit er die Rechnung bezahle. Dem Psychiater gegenüber hatte sie sich zuvor als die Frau des Juweliers ausgegeben und bat um Hilfe, weil dieser nicht mehr bei Sinnen sei, ständig Leuten hinterherlaufe und darauf bestehe, für all die kostbaren Schmuckstücke zu bezahlen, die nur in seiner Fantasie existierten. Die Geschichte endete damit, dass der Juwelier in eine Anstalt eingewiesen wurde. Als er sich aus seiner misslichen Lage befreien konnte, war die „Goldene Hand“ längst verschwunden.

Später präsentierte sie sich in Begleitung eines grauhaarigen Herren und eines kleinen Mädchens als Erbin im Juweliergeschäft Chlebnikow, suchte sich die erlesensten Stücke aus und ließ sie fein säuberlich verpacken. Per Zeitungsannonce hatte sie Schauspieler*innen engagiert, die sich als ihre Verwandten ausgaben, und diese als „Garantie“ im Geschäft zurückgelassen. Son‘ka behauptete, sie habe ihr Geld zu Hause vergessen und würde zurückkommen. Die Juwelen entkamen mit ihr.

Als sie verhaftet wurde, unterhielt sie Insassen und Wärter gleichermaßen, indem sie Gedichte in fünf Sprachen vortrug. Son‘ka entkam mehrere Male, einmal durch eine Liaison mit einem Wärter, der ebenfalls verschwand. Schließlich wurde sie auf die Gefängnisinsel Sachalin geschickt, wo sie eine Zeit lang im Exil lebte, bis sie, nachdem sie als Soldat verkleidet von der Insel geflohen war, wieder eingefangen, in Einzelhaft gesteckt und mit Fußfesseln fixiert wurde. Aufgrund ihrer Großzügigkeit gegenüber Menschen in Not blieb sie eine gefeierte Persönlichkeit, und noch heute gehen Dieb*innen zu ihrem vermeintlichen Grab auf dem Moskauer Wagankowa-Friedhof, wo sie Graffiti wie „Son‘ka, lass uns gute Diebe werden“ hinterlassen.

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Sofia Ivanovna Blyuvshtein (1859–1902), better known as Son’ka, the Golden Hand, was a con artist who lived in the Russian Empire. Her exact origins she kept secret but was likely born poor as Sheindlia-Sura Leibovna Solomoniak in Warsaw. She became famous as “Golden Hand” in the criminal and bohemian circles of St Petersburg for robbing the rich in style. Most of the time, Son’ka was disguised as a member of the high aristocracy. She had special prosthetic fingernails to hide jewels under, and her monkey was trained to swallow diamonds. Her most famous cons were also directed at high-class jewellers.

In 1883, she pretended to be the wife of a wealthy psychiatrist at the jeweller Karl von Mel and chose expensive jewellery. She had this brought to the address of the psychiatrist by Karl von Mel himself. Son’ka took care of the delivery in the garden and asked the jeweller to go into the house for her husband to pay the bill. To the psychiatrist she previously posed as the jeweller’s wife and asked for help because he was out of his mind, constantly chasing after people and insisting on paying for all those precious pieces of jewellery that only existed in his imagination. It concluded with the jeweller being sent to an asylum. By the time he could free himself from his predicament, “Golden Hand” had long been gone.

Later presenting herself as an heiress accompanied by a grey-haired gentlemen and small girl at the Khlebnikov jewellery store, she picked out the choicest items and had them neatly packed. She had hired actors to play the relatives via newspaper advertisement beforehand, left them in the store as guarantees when she said she had forgotten her money at home and would return. The jewels escaped with her.

When imprisoned she entertained prisoners and guards alike reciting poetry in five languages. Son’ka escaped several times once by a liaison with a guard who also disappeared. She was eventually sent to the prison island of Sakhalin where for a while she lived in exile until after escaping the island dressed as a soldier, she was recaptured, held in solitary confinement and clamped in leg irons. Due to her generosity to people in need she remained a celebrated figure and to this day thieves go to her supposed grave in the Moscow Vagankowa cemetery leaving graffitis like “Son’ka, let us become good thieves”.

SEEDS RENAMED
Ines Doujak