Walking the Deadline – ein Gespräch mit Britta Peters
22 April 2021

 

Ein Gespräch mit Britta Peters über praktische Lösungsansätze hinsichtlich der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kuratorinnen in der Kunstszene.

In Zeiten einer Pandemie ist das Planen von kulturellen Veranstaltungen und Festlegen von Terminen obsolet geworden. Seit einem Jahr werden viele Veranstaltungen abgesagt, verschoben oder müssen mit enormem, oftmals unterbezahlten Arbeitsaufwand verlegt, umstrukturiert, digitalisiert werden. Deadlines lösen sich dadurch jedoch nur teilweise auf. Nun geht es mehr denn je um Verfügbarkeiten, Sichtbarkeit, digitale Resonanz, um individuelle Kapazitäten aus dem Homeoffice - der Druck hat sich verlagert.

Ausgehend von dem Thema “Deadline” stellen wir uns die Frage, welche Ressourcen und Potentiale sich bei dem Verzicht oder Aufschub einer Deadline entwickeln, in einer Branche die fortwährend von einem Ungleichgewicht hinsichtlich Vergütung und Chancengleichheit sowie von der generellen prekären Existenz vieler Künstler*innen, Kulturschaffender, Initiativen und Kulturorte geprägt ist. Was macht eine Deadline mit einer künstlerischen Arbeit, mit der Zusammenarbeit zwischen Künstler*in, Institution, Kurator*in? Was bedeutet es im Bezug auf die Arbeitsverhältnisse der zum größten Teil unterbezahlten Akteur*innen, in einer kapitalistischen Gesellschaft auf den Druck einer Deadline zu verzichten? Welche Deadlines sind aufschieb- oder aufhebbar und welche Vorhaben nähren sich aus der Antriebskraft und dem Spannungsbogen eben jener? Wer setzt eigentlich welche Deadlines fest und unter welchen Umständen sind wir selber in der Lage sie zu verschieben, aufzulösen oder Aufschub zu begründen?

Die Veranstaltung bietet Raum für Fragen, individuelle Berichte und Lösungsansätze. Sie wird von Lisa Klosterkötter und Aneta Rostkowska moderiert.

Die Kunstkritikerin und Kuratorin Britta Peters ist seit Januar 2018 Künstlerische Leiterin der Urbanen Künste Ruhr, einer dezentralen Institution für Gegenwartskunst im Ruhrgebiet. Zuvor gehörte sie zum Kuratorenteam der Skulptur Projekte Münster und leitete den Kunstverein Harburger Bahnhof. Sie unterrichtete an der Akademie der bildenden Künste in Hamburg und als Gastprofessorin an der Kunstakademie Münster. 2007 kuratierte sie das Kunst im öffentlichen Raum-Projekt "Wilhelmsburger Freitag" in Hamburg. In Zusammenarbeit mit dem Excellenzcluster "Normative Orders" realisierte sie 2012 die Ausstellung "Demonstrationen. Vom Werden normativer Ordnungen" im Frankfurter Kunstverein, auf die 2014 das Projekt "Krankheit als Metapher. Das Irre im Garten der Arten" an verschiedenen Orten in Hamburg folgte.

The Curatorial Unknown ist eine Reihe von Treffen, die der kuratorischen Praxis gewidmet sind und von der Temporary Gallery initiiert und in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Kuratoren und Institutionen aus Köln und der Region gestaltet werden. Die Treffen sind offen für alle, die sich für das Kuratieren interessieren.

Die Veranstaltung ist auch Teil des Projekts „und nur die Vögel fliegen erste Klasse...“, das zum Nachdenken über die Strukturen des Kunstsystems und mögliche Reaktionen auf sie einlädt. Sein Ziel ist es, über die gewöhnliche Kritik an den Mechanismen der Kunstszene hinauszugehen und progressive Ideen und Lösungen zu präsentieren. Der Titel des Projekts stammt aus dem Song „Mr. Nichols “von Coldcut und Saul Williams, eine sehr treffende Beschreibung des emotionalen Zustands der Verzweiflung, Desorientierung und der Notwendigkeit einer Wende, um eine Welt zu erreichen, in der „nur die Vögel in der ersten Klasse fliegen“.

Finanzierung und Unterstützung:
Kunststiftung NRW
Kulturamt der Stadt Köln
Hotel Chelsea
Deltax Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mbH

 

credit: Portrait Britta Peters (2020), Copyright: Heinrich Holtgreve